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9.38

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir werden hier jetzt fast unfreiwillig auch Zeuge einer therapeutischen Sitzung, in der die FPÖ versucht, die letzten Wochen aufzuarbeiten. Die Verantwortung dafür scheint offenbar Markus Marterbauer zu tragen: Er hat gestern mit seiner Rede, die sehr, sehr positiv und sachlich war, bei Herbert Kickl einiges aufgewühlt. 

Er hat nämlich etwas gemacht: Er hat uns alle an die Vergangenheit und die Geschichte der Zweiten Republik erinnert. Er hat uns erzählt, was in Summe uns in diesem Land immer stark gemacht hat, bei allen Krisen, die wir miteinander schultern mussten: Es war immer der Geist des Zusammenhaltes, des Miteinanders, der uns auch zu einem der reichsten Länder der Welt gemacht hat. 

Das dürfte Herbert Kickl schon ordentlich radikalisiert haben: dass es eine Einladung an alle Parteien gegeben hat, in diesen schwierigen Zeiten auch einen Beitrag zu leisten. Da war die Reaktion: Ja um Gottes willen!, Lösungen, mitarbeiten, Zusammenhalt – all das kann es doch in diesem Land nicht geben! – Das Einzige, was wir jetzt erlebt haben, sind in Wahrheit Herumschreiereien ohne eine einzige Lösung. Da hat es von der FPÖ eine Nullmeldung gegeben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

Ich möchte mich da nicht abputzen! Ich könnte es mir auch ganz, ganz einfach machen, ich könnte mich jetzt hinstellen und sagen: Die SPÖ hat im Jahr 2017 ein ausgeglichenes Budget hinterlassen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ] – erheitert –: Das hat sie ja nicht gemacht! Das stimmt nur leider nicht!) Ich könnte jetzt lange in die Vergangenheit gehen und aufzählen, wer am Milliardendesaster und am Schuldenberg, der heute da ist, schuld ist. 

Da könnte ich Leonore Gewessler ansprechen und sagen: Nur weil du eine grüne Ministerin warst und das Geld mit beiden Händen zum Fenster hinausgeworfen hast, ist das Geld noch lange nicht erneuerbar! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS. – Abg. Kassegger [FPÖ]: Ihr habt ja überall mitgestimmt!) Ich könnte Werner Kogler anschauen und sagen: Als Chefvolkswirt der Republik hast du ja immer gute Ideen, aber leider oft auch zu spät; es war schon auch deine Verantwortung, dass du nichts gegen die Inflation getan hast und sie einfach hast durchrauschen lassen! (Zwischenruf der Abg. Gewessler [Grüne].)

Ich könnte auch in Richtung FPÖ schauen und sagen: Die Konzernsteuersenkungen ohne Gegenfinanzierung, das war schon die FPÖ!, nur: All das bringt uns nicht weiter. Wir stehen vor einer ganz schwierigen Situation, und es geht jetzt darum, gemeinsam Verantwortung für die Republik zu übernehmen (Abg. Kogler [Grüne]: Das ist so was von - -! Das sind die, die gesagt haben, ...! Das war immer noch zu wenig!), denn: Was passiert, wenn man einfach nur Parteitaktik über die Interessen der Menschen stellt? – Dann leidet dieses Land darunter, und das schadet diesem Land. Wir übernehmen diese Verantwortung, auch wenn wir für das Bugdetdesaster nicht verantwortlich sind, weil wir es den Menschen in diesem Land schuldig sind. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kogler [Grüne]: Das ist ja unfassbar! Ihr wolltet das Gleiche, nur dreimal so viel!)

Herbert, ich sage dir das ganz offen: Zuerst in der Regierung sitzen und die Milliarden mit beiden Händen beim Fenster hinauswerfen, dann zu feige sein, Verantwortung zu übernehmen, und sich dann hierherstellen und Haltungsnoten verteilen, das geht sich einfach nicht aus! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS. – Abg. Kickl [FPÖ]: Dir ist ein bissl was in der Zeitleiste durcheinander gekommen! – Weitere Zwischenrufe und Heiterkeit bei der FPÖ.)

Ich muss auch Folgendes sagen, und ich muss da wieder fast um Verständnis bitten, denn ich bin wahrscheinlich den Kollegen und Kolleginnen von der ÖVP und den NEOS in den letzten Monaten ordentlich auf die Nerven gegangen, weil wir immer und immer wieder die breiten Schultern angesprochen haben – ihr konntet es wahrscheinlich irgendwann nicht mehr hören – und gesagt haben, gerecht heißt eben auch, dass Banken, Energiekonzerne und Stiftungen in dieser schwierigen Zeit einen Beitrag leisten müssen. (Abg. Gewessler [Grüne]: Du meinst die Einmalzahlung der Banken? – Abg. Kickl [FPÖ]: Die Penserln zahlen mehr als die Banken!) 

Werfen wir einen Blick darauf, was Herbert Kickl in dieser Phase gemacht hat! Herbert Kickl war ganz stolz, dass er nach drei Tagen mit den Budgetverhandlungen fertig war. Nach drei Tagen war er fertig! So billig wie Herbert hat es beim Budget in Österreich niemand gegeben. Nach drei Tagen war er fertig mit den Verhandlungen – aber da war nichts mit gerecht, da war nichts mit kleinem Mann. In Wahrheit ist die Verhandlung zwischen FPÖ und ÖVP nicht am Budget gescheitert (Ruf bei der FPÖ: Deshalb wird es übernommen, oder wie?) – da warst du ganz billig unterwegs –, sondern gescheitert ist es an den Posten, weil dir die Macht persönlich wichtiger war (Abg. Kickl [FPÖ]: Meine Güte ...!) als die Verantwortung für dieses Land. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Gasser [NEOS].)

Das kann jeder nachlesen. (Abg. Kickl [FPÖ]: Ich glaub, du bist heut' noch nicht ganz auf der Höh'!) Und dann hat sich Herbert Kickl bei dem Budget, das er vorgelegt hat, mit einem Feuerwehrmann verglichen. (Abg. Wurm [FPÖ]: Das ist absolut unlogisch!) Er hat gesagt, das ist ein Löscheinsatz, er wird diesen Brand löschen. (Abg. Wurm [FPÖ]: Das ist ein Widerspruch in sich!) Lieber Herbert, wenn du löschst, dann ist das meistens eher ein Zündeln, und du löschst dann meistens mit Benzin. Mit Löschen hat das Ganze gar nichts zu tun gehabt (Beifall bei der SPÖ – Abg. Kickl [FPÖ]: Beim Brand kennst du dich aus!), denn du warst die Person, die die Kürzungslisten – und danke für den Beweis heute! – nach Brüssel eingemeldet hat, die in Wahrheit die Pensionskürzungen vorangetrieben hat. 

Der Vergleich macht auch da sicher (Abg. Kickl [FPÖ]: Wenn es uns nicht gäbe, täte es nicht einmal die Bankenabgabe geben!): Der Unterschied ist, dass wir die blauen Giftzähne gezogen haben, und ein Beispiel dafür ist, dass es für schwerkranke Menschen in diesem Land in Zukunft einen Medikamentenpreisdeckel gibt. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Was? Da ist aber nichts drin im Budget!) Das ist der Unterschied zwischen der Unterschrift von Herbert Kickl und einer sozialen Handschrift in diesem Budget. (Abg. Kickl [FPÖ]: Ohne uns hättet ihr nicht einmal die Bankenabgabe zusammengebracht! Nicht einmal das!) Der Vergleich macht da sicher! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte in dieser Runde sagen: Glaubt irgendjemand, dass wir es uns in dieser Phase leicht machen, dass Markus Marterbauer es sich als Finanzminister sozusagen leicht macht, dass er in einer der schwersten Zeiten der Republik diese Entscheidung übernommen hat? Ganz viele der Maßnahmen sind Kompromisse gewesen, für die wir wochen- und monatelang verhandelt haben, weil es richtig ist für dieses Land, wir aber auch gemeinsam schauen wollen, dass wir dieses Land miteinander wieder auf Kurs bringen. Ich glaube – wenn wir die Zahlen noch einmal hernehmen –, selbst wenn man die Ausgaben für den gesamten Sicherheitsbereich in Österreich, vom Militär bis zum Bundesheer – da geben wir ungefähr 6 Milliarden Euro aus –, für die gesamte Krankenpflege, alle Ärztinnen und Ärzte, für alle Hebammen im Gesundheitsbereich – da sind wir bei 12,5 Milliarden Euro – zusammenzählt, kommt man noch immer nicht auf den Schuldenberg, den wir in Summe abdecken müssten, um dieses Budget zu sanieren. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Also gelingt es euch nicht!) Das ist eine gigantische Herausforderung, die wir alle miteinander auch nur gemeinsam schaffen werden. Der Unterschied ist: Wir machen das auf eine soziale Art und Weise mit dem Beitrag der breiten Schultern und schauen, dass wir in diesen schwierigen Zeiten niemanden zurücklassen, dass wir trotzdem Geld in die Hand nehmen und investieren – in den Gesundheitsbereich, weil es wieder so sein muss, dass die Menschen, wenn sie krank sind, innerhalb eines vernünftigen Zeitraums auch einen Arzttermin bekommen, dass in Zukunft wieder die E-Card zählt und nicht die Kreditkarte. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Du willst die Gebühr jetzt erhöhen!) Wir investieren jetzt in die Beschäftigung, weil wir keinen einzelnen Menschen zurücklassen wollen – deswegen wird trotzdem investiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen, dass jeder junge Mensch in diesem Land, dass alle Kinder die besten Chancen bekommen, und investieren deswegen in die Kinderbetreuung. (Abg. Kickl [FPÖ]: Genau! Da muss man die Familienleistungen kürzen!) Wir investieren jetzt, in diesen Zeiten, in den Arbeitsmarkt, weil wir keinen Menschen zurücklassen wollen. Das ist der Unterschied (Abg. Wurm [FPÖ]: Bla, bla, bla!): dass wir neben all den Sparbemühungen auch schauen, dass wir jeden Euro so einsetzen, dass kein Mensch in diesem Land zurückgelassen wird. Das ist in Wahrheit die Politik, die wir jetzt brauchen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: ...! Ihr macht das genaue Gegenteil!)

Ich weiß, man gewinnt keinen Schönheitspreis damit, wenn man aufzählt, was man alles verhindert hat, welche Maßnahmen, aber ich sage trotzdem dazu, was in diesen Zeiten gelungen ist: Wir haben geschaut, dass es eben keine Lohn- und Pensionskürzungen gibt, wie sie Herbert Kickl durchsetzen wollte. (Heiterkeit der Abg. Belakowitsch [FPÖ].) Wir haben geschaut, dass es keine automatische Erhöhung des Pensionsantrittsalters für alle pauschal auf 67 Jahre, wurscht ob Krankenschwester oder Dachdecker, gibt. Das sind Dinge, die wir nicht gemacht haben. Wir schauen, dass wir miteinander das faktische Pensionsantrittsalter erhöhen, dass die Menschen auch gesund in Pension gehen können. Das sind Maßnahmen gewesen. Es gibt mit uns auch keine Massensteuererhöhungen, durch die die Lebensmittelpreise über die Mehrwertsteuer angehoben werden. (Abg. Wurm [FPÖ]: ... wollten Senkungen haben!)

Das sind Maßnahmen, die wir setzen (Abg. Kassegger [FPÖ]: 3 Milliarden Mehrbelastung! Hast du das nicht gelesen? 3 Milliarden Mehrbelastung für unsere Leut'!): ein gerechter Beitrag von allen, wobei wir schauen, dass wir in schwierigen Zeiten keinen Menschen in diesem Land zurücklassen. Ich bin persönlich davon überzeugt, und ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen hier: Schauen wir miteinander, dass wir dieses Land wieder auf Kurs bringen! Wahlkampfgetöse, so wie man es heute von den Blauen erlebt hat, macht das Leben der Menschen in diesem Land nicht besser. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kogler [Grüne]: Unter jedem Niveau! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Eine schwache Rede!)

9.45

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Es gibt eine weitere tatsächliche Berichtigung von Abgeordnetem Fuchs. (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte! – Abg. Reiter [ÖVP]: Aber bitte in der richtigen Form, wär' schön!)

 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.