RN/12
10.19
Abgeordneter Mag. Arnold Schiefer (FPÖ): Hohes Haus! Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielleicht eine Anmerkung zu Beginn: Wir reden über euer Budget, nicht über Einzelmaßnahmen, die vielleicht die FPÖ auch irgendwann einmal mit der ÖVP diskutiert hat. (Abg. Reiter [ÖVP]: Das ist unrelevant, oder?) Es ist euer Budget, das gehört euch, das könnt ihr selbst beschließen (Abg. Höfinger [ÖVP]: Kindesweglegung heißt das!), und bleibt bitte dabei und übernehmt die Verantwortung für diese Maßnahmen! (Beifall bei der FPÖ.)
Historiker haben es immer ein bissel leichter als Propheten. Ich werde mich heute in beiden Rollen versuchen.
Vielleicht zur historischen Rolle: Man muss dem Herrn Finanzminister ja gratulieren, dass er in seiner Budgetrede zumindest einmal das Wort Sanierung verwenden hat dürfen. Als wir mit der ÖVP gesprochen haben, ist man immer nur von Konsolidierung und von Konsumkrise ausgegangen, und auch uns hat man ja erst zu dem Zeitpunkt, als wir mit ihnen gesprochen haben, eben diese 6,4 Milliarden Euro offenbart. Dieses schwarze Budgetloch ist ja dann schrittweise immer größer geworden. So gesehen ist jetzt endlich einmal auch hier im Hohen Haus das Wort Sanierung dort angekommen, wohin es gehört. – Herzlichen Dank, Herr Finanzminister! (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn wir uns das jetzt historisch anschauen: Es ist unglaublich, was da passiert ist: nahezu 100 Prozent Staatsschuldenquote, 6 Prozent Maastrichtdefizit wäre dann das Nächste gewesen, 30 Milliarden Euro jährlich Budgetdefizit! – Also bitte, tut mir einen Gefallen: das Wort Wirtschaftskompetenz nicht mehr verwenden, herzlichen Dank! (Beifall bei der FPÖ.)
Dann schauen wir uns jetzt in der Rolle als Prophet – oder vielleicht auch vorwärtsgewandter Poet, wie Schlegel gesagt hat – einmal den Budgetentwurf an: Wir bauen trotz der angekündigten Einsparungen in den nächsten vier, fünf Jahren rund 80 Milliarden Euro neue Schulden auf. Das Maastrichtdefizit wird erst – und das hoffentlich, da ist das Prinzip Hoffnung dahinter – 2028/29 wieder Richtung 3 Prozent wandern. Das heißt, auch dann werden noch Schulden aufgebaut. Und man muss festhalten: Alles das, was da jetzt an Grauslichkeiten oder notwendigen Maßnahmen kommuniziert wird, hat zur Folge, dass wir dennoch weit weg von einem konsolidierten Haushalt sind.
Das heißt, man hat sich für eine langsame Konsolidierung entschieden, ein Defizitverfahren ist unumgänglich, aber wir bleiben weiter Schuldenmeister. Wir bleiben unter den top vier, fünf in der Europäischen Union, wenn es um negative Zahlen geht, und wir werden so auch unser Wirtschaftswachstum, bei dem wir übrigens ganz hinten sind – Vorletzter, glaube ich –, nicht ankurbeln. Also ich sage Ihnen ganz klar: So wird das nichts mit der Budgetsanierung. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn ich mir das jetzt anschaue – also ein ganz kurzes Blitzlicht, wir werden die Einzelmaßnahmen in den Budgetberatungen noch diskutieren –: Das einzig Positive, das mir darin auffällt, ist dieser Vorschlag mit den Pauschalierungen für die kleineren Gewerbetreibenden, und der ist aus unserer Arbeitsgruppe von Kollegen Fuchs gekommen. Sonst kann ich da drinnen eigentlich fast nichts Positives entdecken. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner [ÖVP]. – Abg. Hanger [ÖVP] – in Richtung FPÖ –: Applaus!)
Schauen wir: Was fehlt dem Ganzen eigentlich noch? – Es fehlen Investitionsfreibeträge. Die würden übrigens sehr wohl in den nächsten drei, vier Jahren mit den Investitionen dann etwas rückspielen. Da müsste man sich also schon überlegen, wenn man schon diesen längeren Weg geht, ob man nicht doch versucht, Investitionen zu stimulieren, um das private Kapital – Sie haben es schon erwähnt – doch irgendwie in Bewegung zu kriegen, weil es eh schon wurscht ist, wenn wir eh bis 2028/29 und wahrscheinlich noch viel länger in solch einem Defizitverfahren hängen werden. Wahrscheinlich wird die nächste Regierung noch, in sieben Jahren, in diesem Defizitverfahren bleiben. Darum, bin ich der Meinung, ist es jetzt auch egal, dann kann man auch ein paar Dinge, die vielleicht konjunkturstimulierend sind, wirklich angehen – zum Beispiel Entlastung beim Thema Überstundenentlohnung; warum nicht? –, um zumindest den privaten Bereich ein bisschen zu stimulieren. Nur sparen wird uns da nicht nützen. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich brauche für die Prognose, dass wir da die nächsten fünf bis sieben Jahre herumwursteln werden, nicht einmal einen Rauschebart und eine Glaskugel, sondern das hat mittlerweile – und das zeigt sich jeden Tag, der jetzt nach der Budgetpräsentation vergeht – natürlich auch schon die Expertenschaft in Österreich, die auch außerhalb des Hauses ist, erkannt.
Ich zitiere: Der Fiskalrat, der Ihnen aus der Historie heraus ja grundsätzlich positiv gesonnen ist, hat das jetzt, freundlich formuliert, als ersten guten Schritt in die richtige Richtung bezeichnet. Aber auch der Herr Fiskalratspräsident sagt: Wir brauchen ab 2027 mindestens ein zweites Paket.
Die Agenda Austria, den NEOS ja sicherlich gut bekannt, spricht beim Budget von einem „Placebo“ oder von einem „PR-Gag“, sprich Public-Relations-Gag. – Liebe NEOS, vielleicht solltet ihr über das Budget doch noch einmal ein bissl drübergehen, sodass eure Handschrift da ein bisschen deutlicher wird.
Die „Presse“ meint, zur wirklichen Sanierung fehlt einiges, in „Oe24“ wird das Budget als visionslos bezeichnet, im „Kurier“ als Sparpaket ohne Reformen. (Zwischenruf der Abg. Brandstötter [NEOS].)
Sie haben jetzt meines Erachtens folgende Chance: Canceln Sie Ihren Sommerurlaub! Machen Sie gleich weiter! Machen Sie den zweiten Teil des Paketes, nämlich richtige Reformen in der Struktur, die auch nachhaltig wirken! (Abg. Wöginger [ÖVP]: Wir hackeln sowieso durch! – Zwischenrufe der Abgeordneten Hanger [ÖVP], Ottenschläger [ÖVP], Doppelbauer [NEOS] und Taschner [ÖVP].) Denn: Sie werden es sowieso brauchen.
Also ich sage jetzt einmal: Normalerweise müsste ich Ihnen für den vorliegenden Budgetentwurf, bitte schön, empfehlen: Bleiben Sie in Österreich! Verbringen Sie Ihren Urlaub hier (Abg. Erasim [SPÖ]: Ihr nehmt euch nicht einmal mehr selbst ernst!) und arbeiten Sie ein bisschen, auch am Wochenende! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger [ÖVP]: Natürlich, wir arbeiten! – Zwischenruf der Abg. Reiter [ÖVP].)
Vielleicht gelingt es Ihnen ja dann mit einer Nachschärfung in einer zweiten Runde, ein sozial gerechtes, innovatives Budget vorzulegen. Und machen Sie es bitte schnell! (Abg. Wöginger [ÖVP]: Es ist eh schon da! – Abg. Reiter [ÖVP]: Heute ist eh die erste Lesung!) Denn, Herr Finanzminister, Sie haben es angesprochen: Das Hauptproblem, mit dem wir konfrontiert sein werden, wird die Zinslandschaft für unsere Schulden sein. Wenn wir nicht glaubwürdig kommentieren und etwas abgeben, dass wir eine Idee haben, wie wir schneller als in vier bis fünf Jahren wieder stabil sind, dann werden uns die Zinsen bei der gesamten Sanierung wirklich in den Rücken fallen. Sie haben es selbst gesagt: 1 Prozent höhere Zinsen kosten uns bei unseren Finanzierungsvolumina 3 bis 4 Milliarden Euro jährlich, die wir eigentlich in Schulen, in Kindergärten und anderes investieren könnten. (Abg. Marchetti [ÖVP]: Wo will die FPÖ sparen? Sagt es! – Abg. Wöginger [ÖVP]: Bei den Ausländern! – Abg. Reiter [ÖVP]: Da muss er selber lachen! – Zwischenruf der Abg. Erasim [SPÖ].) – Wenn Sie von der ÖVP mir noch ein bisschen zuhören würden, täte es, glaube ich, nicht schaden.
Ich glaube wirklich, dass, wenn wir es schaffen können, ein Konzept vorzulegen - - (Zwischenruf des Abg. Wöginger [ÖVP].) – Kollege Wöginger, ich kann Ihnen dann auch noch erklären, wie das mit diesen Pensionsgeschichten tatsächlich war. (Abg. Wöginger [ÖVP]: Ja, ich auch, ich erklär' es dir auch! Wenigstens einmal einer, der dabei gewesen ist!) Also der Punkt ist – wenn Sie jetzt zuhören –: Wenn wir es schaffen und am Finanzmarkt glaubwürdig auftreten, haben wir, weil andere Länder in Europa auch so schlecht sind, eine Chance, dass unsere Anleihen halbwegs billig bleiben. Mit dem, was wir hier vorliegen haben, werden wir es aber nicht schaffen. Es wird zum Schluss der Worst Case eintreten, wir werden die Budgetsanierung nicht schaffen, die Zinsen werden uns in den Rücken fallen und die Skier wird es ordentlich auseinanderziehen. (Abg. Reiter [ÖVP]: Das waren super Tipps, aber was sind Ihre Lösungen?)
Sie persönlich, sage ich dazu - - (Abg. Wöginger [ÖVP]: Dann hätten wir es aber mit unserem Papier auch nicht geschafft!) – Richtig. (Abg. Erasim [SPÖ] – erheitert –: „Richtig“!) Aber ihr habt uns auch nicht die richtigen Zahlen gegeben, das muss man auch dazusagen. Wir haben ja von euch nicht die richtigen Zahlen gehabt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger [ÖVP]: Ja genau! Du hast sie ja selber besorgt, die Zahlen! Du hast ja mehr gekostet wie wir!) Also euer Budgetloch ist ja wöchentlich gewachsen, muss man dazusagen. Also das möchte ich schon noch einmal ganz klar dazusagen.
Bitte eine Botschaft noch: Wenn ihr nur bei diesem Budgetentwurf bleibt, nichts dazulegt, ist die Regierung schon auf dem Weg zum Scheitern. Das, was ihr jetzt geschafft habt, ist ja nur, mit einer Strukturliste aus Brüssel überhaupt ein paar Maßnahmen zusammenzukratzen. (Abg. Marchetti [ÖVP]: Wo wollts ihr sparen? Sagt es halt!) Die nächsten Maßnahmen für die nächsten Milliarden bringt ihr in dieser Dreierkoalition sicher nicht so zusammen. (Abg. Wöginger [ÖVP]: Werden wir tun!) – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger [ÖVP]: Es gibt keinen Kanzler Kickl!)
10.27
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Hanger. Eingemeldete Redezeit: 5 Minuten.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.